Dr. Karsten Nadler

Privatpraxis für Psychiatrie und Psychotherapie

Burnout

Burnout

Klassische Managerkrankheit und was ManagerInnen selbst zur Heilung beitragen können

Diagnose Burnout?

Unter dem Burnout-Syndrom versteht man einen Zustand totaler körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung mit krankheitsbedingter verminderter Leistungsfähigkeit. Das Burnout ist keine eigene Diagnose, sondern „nur“ die Risikosituation, aus der sich bei Nichtänderung der Situation psychische Störungen, teilweise mit körperlichen Begleiterscheinungen, entwickeln können.

Manager-Risikoanalyse

Das Burnout wird häufig als Risikosituation von Managern und Managerinnen angesehen und das ist auch korrekt. Allerdings sind ManagerInnen nicht nur solche, in deren Berufsprofil dieser Begriff steht.

ManagerInnen sind aus Sicht der Burnout-Risikoanalyse alle diejenigen, die …

  • viel Verantwortung tragen, teilweise auch noch mehr Verantwortung, als Menschen in vergleichbaren Positionen;
  • immer alles für das gesamte Unternehmen (oder die ganze Familie) organisieren, planen, vorbereiten müssen;
  • ständig mehr leisten, als Menschen in vergleichbaren Positionen;
  • wenig Unterstützung haben bei Problemen und Fragen und sich keiner Person anvertrauen können, weil sie selbst der-/diejenige sind, der sich alle anderen anvertrauen;
  • auch krank nicht einfach mal Pause machen können;
  • deren Position im Unternehmen einzigartig ist, so dass keine Vertretungsmöglichkeit besteht;
  • deren To-Do-Listen so lang sind, dass sie niemals enden oder abgearbeitet werden können;
  • deren Arbeitsbelastung durch Unterbesetzung permanent erhöht ist;
  • immer stark und belastbar sein müssen und niemals schwach sein dürfen;
  • einfach immer und in jeder Situation „abliefern“ müssen.

All diese Situationen, können, aber müssen nicht zu einer Burnout-Risikosituation führen.

Und wie ersichtlich ist, kann die genannte Situation bestens auf fast alle MangerInnen, aber auch auf viele andere Berufsgruppen angewendet werden. Auch überlastete Supermarktangestellte, alleinerziehende oder alleinverantwortliche Mütter / Väter, Staatsbedienstete, deren Arbeitsbelastung sich durch Corona verdreifacht hat, können in einer Burnout-Risikosituation stecken, denn auch sie „managen“ permanent ihr Umfeld. Sie alle sind ManagerInnen im Sinne der oben genannten Definition.

Schlüsselqualifikationen für psychische Gesundheit – die eigene Stärke für die Psyche nutzen

Manager und Managerinnen müssen zunächst ihre Probleme benennen und erkennen, dass dies kein Zeichen von Schwäche ist, sondern dringend notwendig, um die hohe Leistungsfähigkeit dauerhaft zu erhalten.

Hierzu müssen sich Leistungsträger Fragen stellen und diese auch ehrlich beantworten.

  • Wie nehme ich Belastung wahr?
  • Fühle ich mich meiner Belastung gewachsen?
  • Habe ich Schwierigkeiten abzuschalten oder schlafe ich schlecht?
  • Bin ich ständig zum Multitasking gezwungen und gehört dies zu meinem Alltag?

Große Belastung und Multitasking gehört zum Berufsprofil und auch privaten Alltag der meisten ManagerInnen.

Pausenlos müssen sie zwischen den Anforderungen und Interessen des Unternehmens, denen des Teams, aber auch ihrer privaten Interessen abwägen.

Auch bei psychischer Gesundheit am Arbeitsplatz sind Manager und Managerinnen permanent gefordert: Es ist mitunter ihr Einfluss, die Ressourcen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu stärken, mentale Belastungen zu reduzieren und Beschäftigte, die Anzeichen von Belastungsreaktionen zeigen, angemessen zu unterstützen. Ihr eigenes Verhalten wirkt sich auf das Team aus: Indem Leistungsträger aktiven Gesundheitsschutz betreiben, können Sie Vorbild für alle sein. Das gilt natürlich auch, wenn das Team die Familie ist.

Handlungsbedarf bei Burnout-Risikosituationen von Managern

Sollten Leistungsträger eine zufriedenstellende Dynamik zwischen beruflichen, privaten und ganz persönlichen Anforderungen etabliert haben, steht ihrem Wohlbefinden und dem Gedeihen der Früchte ihrer Arbeit nur Weniges im Weg. Auch Begegnungen mit dem Schicksal sollten gut gemanagt werden können. Sollten allerdings in einem Lebensbereich Probleme auftreten, z.B. in Partnerschaften, wäre ein genaues Hinschauen aus Sicht und unter Hinzuziehung eines erfahrenen Facharztes geboten.

Aus meiner 15-jährigen klinischen Tätigkeit sind mir die mitunter sehr leisen Hinweise auf Anfangssymptome gut bekannt. Sich wiederholende Schemata, Befindlichkeitsstörungen, kompensierende Handlungen sind die Regel und nicht die Ausnahme.

Die Wirkungen von Maßnahmen zur Bewertung und Änderung von Risikosituationen können aus meiner Erfahrung schnell und nachhaltig eintreten. Sollten Manager in selbsttherapeutischen Maßnahmen gleichwohl über´s Ziel hinausschießen oder sich im Kreise drehen, wäre die Inanspruchnahme professioneller Hilfe erfahrungsgemäß keine Schande, sondern nur die Einsicht einer Notwendigkeit.

Niemand möchte als Ergebnis jahrelangen Sich-Verausgabens für den beruflichen Erfolg, das Unternehmen oder die Familie feststellen müssen, dass andere Dinge (z.B. Gesundheit oder Partnerschaften) auf der Strecke geblieben sind.

Wenn Manager und Managerinnen ihre Probleme erkennen, sind alle Lebensbereiche unter einen Hut zu bringen. Und bestenfalls lässt sich für alle Bereiche eine neue Zufriedenheit erreichen.

Der Mensch hinter dem Manager

Aus meiner Sicht als Psychiater gehört zu einem erfolgreichen Leben nicht nur eine sehenswerte Vita, sondern auch das erfolgreiche Meistern des Privatlebens und das Zusammenleben mit sich selbst, auch wenn dies zunächst etwas befremdlich klingt.

Es ist wichtig, dass eine Zufriedenheit mit der eigenen Leistung und dem eigenen Leben besteht, um dauerhaft Höchstleistungen, auch psychisch, erbringen zu können. Es ist bekannt, dass Menschen zum Ende ihres Lebens viele Dinge anders betrachten als aus der der Sicht z.B. ihres „Mitvierziger-Daseins“. Vieles könnte in der Retrospektive als Verbissenheit oder Rausch im weiteren Sinne erscheinen, in denen Begebenheiten um sich herum und an sich selber ausblendet wurden. Häufig rächt sich das genau dann, wenn der Leistungsdruck nachlässt oder die Leistungsfähigkeit abrupt wegbricht.

Was bleibt dann übrig von aller Leistung? Was macht das Leben aus, wenn die Berufstätigkeit oder das belastende Umfeld abgezogen wird?

Insofern kann mitunter hier und jetzt der Weg so angepasst werden, dass sich echte Werte, Kraft und Glück nachhaltiger durch das Leben und die Tätigkeiten ziehen, mit denen wir unser Leben füllen.

Drei kurze Fragen hierzu sollten sich Leistungsträger regelmäßig stellen:

  • Wofür mache ich das überhaupt alles?
  • Bin ich empfindlicher und reizbarer als üblich?
  • Möchte ich in fünf Jahren noch so leben wie jetzt?

Burnout-Risiko – Zusammenfassung kurz und knapp

Wer immer und andauernd hohe Leistungsbereitschaft zeigt und immer leistet, ist häufig Situationen ausgesetzt, die sich schnell zu einer Burnout-Risikosituation auswachsen können.

Aber: Diesen Risiken müssen sich Manager und Managerinnen stellen, um dauerhaft die Leistungsfähigkeit zu erhalten. Wer also viel leistet, muss sich auch viel um sich selbst kümmern.